Haftung des Reiseveranstalters für Zusatzleistungen am Urlaubsort

12.01.2016 von
Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 004/2016 vom 12.01.2016

 

Zur Haftung des Reiseveranstalters für Zusatzleistungen am Urlaubsort

Urteil vom 12. Januar 2016 – X ZR 4/15

Die Kläger begehren von der beklagten Reiseveranstalterin (V.) Schmerzensgeld wegen Verletzungen bei einem Unfall, der sich auf einer Ausflugsfahrt am Urlaubsort ereignete.

Die Kläger buchten bei der Beklagten eine Pauschalreise nach Burgas in Bulgarien für den Sommer 2013. Am Urlaubsort erhielten sie von der Beklagten eine Begrüßungsmappe mit einem Blatt, auf dem unter dem Logo der Beklagten und der Überschrift „Ihr Ausflugsprogramm“ verschiedene Veranstaltungen, unter anderem eine „Berg und Tal: Geländewagen-Tour“, angeboten wurden. Unter der Auflistung wurde darauf hingewiesen, dass die Beklagte lediglich als Vermittler für die von der örtlichen Ausflugsagentur organisierten Ausflüge fungiere und die Ausflüge auch per SMS oder per E-Mail reserviert werden könnten, gefolgt von der fettgedruckten Aufforderung „Reservieren Sie bei Ihrer V.-Reiseleitung!“. Die Kläger buchten die auch als „Jeep-Safari“ angebotene Geländewagentour beim Reiseleiter der Beklagten. Während des Ausflugs kam es zu einem Unfall, bei dem die Kläger verletzt wurden.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen, da die Beklagte die Geländewagentour nicht veranstaltet, sondern nur vermittelt habe. Der Hinweis auf die Vermittlerrolle der Beklagten, verbunden mit einer Buchungsmöglichkeit mittels einer bulgarischen Mailadresse habe deutlich gemacht, dass diese nur als Vermittler für einen mit der örtlichen Ausflugsagentur zu schließenden Vertrag habe fungieren wollen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision haben die Kläger ihre Ansprüche weiterverfolgt.

Der unter anderem für das Reiserecht zuständige X. Zivilsenat hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Für die Frage, ob das Reiseunternehmen nur als Vermittler tätig wird oder die eigenverantwortliche Stellung als Vertragspartner einnimmt, kommt es auf den Gesamteindruck an, den der Reisende bei der Vertragsanbahnung gewinnt. Hiernach hat die Beklagte die Stellung eines Vertragspartners eingenommen. Bereits das Einfügen des Ausflugsprogramms in eine Begrüßungsmappe der Beklagten, dessen Aufmachung mit dem Logo „V.“ der Beklagten und die Überschrift „Ihr Ausflugsprogramm“ weisen auf ein Angebot der Beklagten hin, das diese als fakultativen Bestandteil der Gesamtreiseleistung zusammengestellt und eigenverantwortlich organisiert hat. Weiterhin deutet die Aufforderung, einen Ausflug bei der Reiseleitung zu buchen, auf die Beklagte als Vertragspartner hin. Demgegenüber tritt der Hinweis auf eine Vermittlerrolle wegen der dafür gewählten kleinen Schriftgröße und seiner inhaltlichen Einbettung in den Text zurück. Die für eine weitere Buchungsmöglichkeit angegebene Mailadresse mit einer auf Bulgarien hinweisenden Top-Level-Domain und einem vom Namen der Beklagten abweichenden Domainnamen ließen für den Reisenden jedenfalls nicht eindeutig einen anderen Vertragspartner als die Beklagte für die Ausflüge erkennen.

Das Berufungsgericht wird hiernach Unfallhergang und -folgen aufzuklären haben.

Vorinstanzen:

LG Duisburg – Urteil vom 19. Mai 2014 – 2 O 3/14

OLG Düsseldorf – Urteil vom 16. Dezember 2014 – 21 U 99/14

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs zum Urteil vom 12. Januar 2016 – X ZR 4/15

Beginn der Verjährung des Bereicherungsanspruchs nach Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F.

12.01.2016 von
Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 057/2015 vom 15.04.2015

 

Beginn der Verjährung des Bereicherungsanspruchs nach Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F.

Der klagende Versicherungsnehmer begehrt Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge aus einer Rentenversicherung nach einem Widerspruch gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F.

Er beantragte bei der Beklagten den Abschluss eines Rentenversicherungsvertrages mit Vertragsbeginn zum 1. April 1998. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation erhielt er mit dem Versicherungsschein. Von April 1998 bis Mai 2008 zahlte er Versicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 9.356,18 €. Mit Schreiben vom 5. Juni 2008 erklärte er unter anderem den Widerspruch nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. und hilfsweise die Kündigung gegenüber der Beklagten. Diese bestätigte die Kündigung und zahlte dem Kläger einen Rückkaufswert von 9.331,60 €. Mit der im April 2011 erhobenen Klage verlangt er Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts, insgesamt 4.580,82 €. Die Beklagte hat Verfristung des Widerspruchs eingewandt und die Einrede der Verjährung erhoben. (mehr …)


Lindt gewinnt im Streit mit Haribo um Verletzung der Marke Goldbären

23.09.2015 von
Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 161/2015 vom 23.09.2015

 

Lindt gewinnt im Streit mit Haribo um Verletzung der Marke Goldbären
Urteil vom 23. September 2015 – I ZR 105/14

Der unter anderem für das Marken- und Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass der Vertrieb einer in Goldfolie verpackten und mit einem roten Halsband versehenen Schokoladenfigur in Bärenform durch Lindt weder die Goldbären-Marken von Haribo verletzt noch eine unlautere Nachahmung ihrer Fruchtgummiprodukte darstellt. (mehr …)


Zum Anspruch auf Ausgleichszahlung bei Vorverlegung eines Fluges

10.06.2015 von
Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 089/2015 vom 09.06.2015

 

Zum Anspruch auf Ausgleichszahlung bei Vorverlegung eines Fluges 

Die Kläger begehren Ausgleichszahlungen in Höhe von jeweils 400 € nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. c* i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b** der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen). (mehr …)


Gebrauchtwagenkauf vom Händler: Sofortiger Rücktritt bei fehlender Verkehrssicherheit eines als „TÜV neu“ verkauften Fahrzeugs

15.04.2015 von
Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 058/2015 vom 15.04.2015

 

Gebrauchtwagenkauf vom Händler: Sofortiger Rücktritt bei fehlender Verkehrssicherheit eines als „TÜV neu“ verkauften Fahrzeugs

Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung zum Gebrauchtwagenkauf mit der Frage beschäftigt, unter welchen Voraussetzungen dem Käufer eine Nacherfüllung durch den Verkäufer gemäß § 440 Satz 1 BGB* nicht zugemutet werden kann und er deshalb zum sofortigen Rücktritt berechtigt ist. (mehr …)


Formularklauseln bei Schönheitsreparaturen

18.03.2015 von
Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 039/2015 vom 18.03.2015

 

Änderung der Rechtsprechung zu Formularklauseln bei Schönheitsreparaturen:

– formularmäßige Quotenabgeltungsklauseln unwirksam

 – formularmäßige Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter bei unrenoviert übergebener Wohnung unwirksam

Der u.a. für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich heute in drei Entscheidungen mit der Wirksamkeit formularmäßiger Renovierungs- und Abgeltungsklauseln beschäftigt. Durch Renovierungsklauseln (auch Vornahme- oder Abwälzungsklauseln genannt) wird die (als Teil der Instandhaltungspflicht nach § 535 BGB grundsätzlich dem Vermieter obliegende) Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen auf den Mieter abgewälzt. (Quoten-)Abgeltungsklauseln erlegen dem Mieter die Pflicht zur anteiligen Tragung von Kosten der Schönheitsreparaturen für den Fall auf, dass die Wohnung am Ende des Mietverhältnisses Abnutzungs- oder Gebrauchsspuren aufweist, die Schönheitsreparaturen aber nach dem in der Renovierungsklausel festgelegten Fristenplan noch nicht fällig sind.

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat nunmehr – wie bereits im Hinweisbeschluss vom 22. Januar 2014 (VIII ZR 352/12, WuM 2014, 135) erwogen – seine frühere Rechtsprechung aufgegeben, dass die Schönheitsreparaturen auch bei einer zu Mietbeginn dem Mieter unrenoviert überlassenen Wohnung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen auf den Mieter übertragen werden können (mehr …)


Kündigung wegen eines bei Abschluss des Mietvertrags noch nicht erwogenen Eigenbedarfs

04.02.2015 von
Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 016/2015 vom 04.02.2015

 

Kein Rechtsmissbrauch des Vermieters bei Kündigung wegen eines bei Abschluss des Mietvertrags noch nicht erwogenen Eigenbedarfs

Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage befasst, unter welchen Umständen eine auf den Eigenbedarf heranwachsender Kinder gestützte Eigenbedarfskündigung unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs unwirksam ist. (mehr …)


Geld hat man zu haben

04.02.2015 von
Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 015/2015 vom 04.02.2015

 

Zur Kündigung bei unverschuldeter Geldnot des Mieters
 
Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage befasst, ob der Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt ist, wenn der sozialhilfeberechtigte Mieter zur pünktlichen Zahlung der Miete nicht in der Lage ist, nachdem er zwar rechtzeitig einen Antrag auf Sozialhilfe gestellt hat, die zur Mietzahlung erforderlichen Unterkunftskosten jedoch nicht rechtzeitig bewilligt worden sind. (mehr …)

Entgangener Gewinn als Schaden des Mieters bei Vereitelung seines Vorkaufsrechts

21.01.2015 von
Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 010/2015 vom 21.01.2015
 

Entgangener Gewinn als Schaden des Mieters bei Vereitelung seines Vorkaufsrechts

Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage befasst, ob ein Mieter wegen der Vereitelung seines gesetzlichen Vorkaufsrechts (§ 577 BGB*) auch Schadensersatz in Höhe des ihm entgangenen Gewinns verlangen kann. (mehr …)


Bundesgerichtshof entscheidet über den Verjährungsbeginn für Rückforderungsansprüche von Kreditnehmern bei unwirksam formularmäßig vereinbarten Darlehensbearbeitungsentgelten in Verbraucherkreditverträgen

29.10.2014 von
Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 153/2014 vom 29.10.2014

 

Verjährungsbeginn für Rückforderungsansprüche von Kreditnehmern bei unwirksam formularmäßig vereinbarten
Darlehensbearbeitungsentgelten in  Verbraucherkreditverträgen

Der u. a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute in zwei Entscheidungen erstmals über die Frage des Verjährungsbeginns für Rückforderungsansprüche von Kreditnehmern bei unwirksam formularmäßig vereinbarten Darlehensbearbeitungsentgelten befunden. Danach begann die kenntnisabhängige dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB* i. V. m. § 199 Abs. 1 BGB** für  früher entstandene Rückforderungsansprüche erst mit dem Schluss des Jahres 2011 zu laufen, weil Darlehensnehmern die Erhebung einer entsprechenden Rückforderungsklage nicht vor dem Jahre 2011 zumutbar war.

In den beiden Verfahren begehren die Kläger von den jeweils beklagten Banken die Rückzahlung von Bearbeitungsentgelten, die die Beklagten im Rahmen von Verbraucherdarlehensverträgen formularmäßig berechnet haben. (mehr …)